Edaravone bei ALS

Die Food & Drug Association (FDA) hat am 05.05.2017 das Medikament Edaravone für die Behandlung der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) in den USA zugelassen; zuvor war es bereits in Japan zugelassen worden. In der Schweiz ist Edaravone ebenfalls zugelassen. Ein Einzelimport ist möglich; eine Kostenübernahme der Krankenkasse kann beantragt werden.

Die Behandlung mit Edaravone erfolgt über intravenöse Infusionen. Dies beinhaltet einen Therapiezyklus, in dem jeweils 10 bis 14 Tage lang täglich eine Infusion gegeben, und dann 14 Tage pausiert wird, bevor die nächste Infusionsphase beginnt. Das Medikament wird im Wesentlichen gut vertragen; eine 2017/2018 durchgeführte Umfrage zur Zufriedenheit von ALS-Patienten mit dem Präparat fiel positiv aus. Dabei ist der Wirkmechanismus von Edaravone nicht gut verstanden – man geht aktuell von einer sogenannten antioxidativen und dadurch neuroprotektiven Wirkung aus.

Da bisherige Studien an Patienten ausschließlich in Japan durchgeführt wurden, besteht die Möglichkeit einer veränderten Wirksamkeit des Medikaments in einer mitteleuropäischen Patientenkohorte. Die erste in 2015 veröffentlichte Placebo-kontrollierte randomisierte Studie (klassische Zulassungsstudie) konnte keinen positiven Effekt von Edaravone bei ALS nachweisen. Die Autoren schlussfolgerten damals, dass dies keine Indikation zur Anwendung bei ALS rechtfertigt. Inzwischen sind zwei Folgestudien angefertigt worden, die bestimmte Subpopulationen von ALS-Erkrankten eingeschlossen haben: obwohl bei fortgeschrittenen ALS-Patienten keine Überlegenheit des Medikaments im Vergleich zum Placebo nachgewiesen werden konnte, zeigten Patienten einer definierten Gruppe (insgesamt noch nicht schwer betroffen, Atmung kaum beeinträchtigt, Krankheitsdauer nicht länger als 2 Jahre) im Vergleich zu den Placebo-Kontrollen eine Verlangsamung des Fortschreitens. Ungeklärt ist bisher, inwiefern eine gleichzeitige Gabe des derzeit in Deutschland zugelassenen Riluzol die Wirksamkeit von Edaravone beeinflusst.

Am 29.05.2019 veröffentlichte die europäische Zulassungsbehörde (EMA), dass die Zulassungsbeantragung für Radicava von der Firma Mitsubishi Tanabe Pharma GmbH zurückgezogen wurde. Dies erfolgte aufgrund der vorläufigen Bewertung der EMA, wonach die aktuelle Studienlage keine Zulassung erlaube und weitere Daten notwendig seien. Was dies für den praktischen Alltag bedeutet, bleibt abzuwarten. Das Procedere mit Einzelanträgen bei der Kasse bleibt unverändert, jedoch muss mit zunehmender Ablehnung gerechnet werden. Wir raten jedem Versicherten und Behandler, die Kostenübernahme nun prüfen zu lassen, um mögliche Regressforderungen zu vermeiden.
https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/withdrawn-applications/radicava